Orson Hyde – Ein Ruf aus der Wüste (1842)


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aus der heiligen Schrift hervor, und sagten zu dem
Priester: »:Ihr habt uns dann das unrechte Buch ge-
geben, denn dieß hier sagt, daß wir begraben werden
müssen mit Christus in der Taufe.«
      Ich habe diese Anekdote hier blos angefügt, um
den Eindruck zu zeigen, den die Schriften auf den vor-
urtheilsfreien Geist dieser gebornen Söhne des Waldes
machten. Und zufolge der zahlreichen Beispiele, die
in den Schriften aufgezeichnet sind, wo die alten Chri-
sten sich an den Ufern des Flusses Schaarenweise sam-
melten, um diesen geheiligten Gebrauch auszuüben, und
dahin zogen, wo viel Wasser war, und dann hinab-
stiegen und im Wasser begraben wurden, – so kann
ich nicht begreifen, wie Personen, die da ihre Bibel
gelesen haben zu einer andern Folgerung kommen, hin-
sichtlich dieses Gegenstandes, als zu einer, zu welcher
die armen Indianer kamen. Der heilige Paulus hat
gesagt ( Röm. 6. Kap. 4. – 5. V ): »Denn wir sind
mit ihm durch die Taufe zum Tode begraben, damit,
gleichwie Christus auferstanden ist von den Todten,
durch die Herrlichkeit des Vaters, also auch wir in ei-
nem neuen Leben wandeln.«
      »Wenn wir nämlich (mit ihm) zusammengepflanzt
sind zur Aehnlichkeit seines Todes, so werden wir es
auch zur Aehnlichkeit der Auferstehung sein.«

Sechster Artikel.
Ueber die Konfirmation nach der Taufe durch Auflegung der Hände.

      Dieß ist eine Verordnung, welche in unsrer Kirche
genau beobachtet wird, und Niemand kann als ein
Glied derselben betrachtet werden, außer er ist durch
Auflegung der Hände der Aeltesten konfirmirt worden.
Nachdem der Kandidat getauft worden ist, so ist es
des funktionirenden Priesters Pflicht, ihm den Nutzen
und die eigenthümliche Beschaffenheit dieser Verordnung
zu erklären, und es seinem Verstande begreiflich zu
machen. Wenn dieß geschehen, dann muß er fortfah-
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ren, sich in einem feierlichen Gebete zu Gott dem All-
mächtigen zu wenden und dem Kandidaten die Hände
auflegen im Namen Jesu, damit er ihn so dem Dienste
des Herrn weihe, und die Segnungen des heiligen
Geistes über ihn bestätige.
      Wenn nun jedes Ding auf eine nüchterne, klare
und andachtsvolle Weise geschehen ist, so haben wir
Ursache, den Beifall des Himmel zu erwarten, der
uns die Früchte unsrer Arbeit gnädig bewahren wird
für das ewige Leben, nachdem wir treue Anhänger der
Tugend und Gerechtigkeit waren. Da nun diejenigen,
welche das Amt der Priesterschaft ausüben, gleichsam
das verbindende Glied zwischen Christus und seinem
Volke bilden, so wird uns durch Auflegung der Hände
ein Theil jenes Geistes mitgetheilt, der dem Busen des
höchsten Gottes entströmt
. Und gleichwie die Reben
am Weinstocke ihre Nahrung aus jenem Safte ziehen
der von der Wurzel aufsteigt, und Leben und Frische
bis an ihre äußersten Ende bringt, so führt auch der
Geist Gottes, der aus der ewigen Quelle fließt, durch
den Kanal des Priesterthums, Leben, Gesundheit und
Freude zu allen Gliedern, und theilt ihnen jene Ge-
fühle mit, die eine glorreiche und himmlische Verbin-
dung unter ihnen und mit ihrem ewigen Haupte erzeu-
gen, wo sie auf diese Weise eins werden mit Christus,
so wie Christus Eins ist mit dem Vater. Denn wenn
ein Glied leidet, so leiden sie alle, und wenn ein Glied
geehrt wird, so erfreuen sie sich insgesammt. Christus
sagt hierüber zu seinen Jüngern: »Der, welcher euch
»aufnimmt, nimmt mich auf, und der mich aufnimmt,
»nimmt den Vater auf, welcher mich gesandt hat. Und
»jene, welche euch verachten, verachten mich, und in-
»dem sie mich verachten, verachten sie auch Ihn, der
»mich gesandt hat.« Dann sagte er wiederum: »Was
»ihr immer einem von den Geringsten aus meinen Brü-
»dern gethan habt, das habt ihr mit gethan.« —

      Neben dem Interesse für die Abläufe sei die Aufmerksamkeit besonders auf die Natur des heiligen Geistes gelenkt. Dieser Abschnitt bestätigt die bereits zur Gottheit erörterte Lehrmeinung, daß der heilige Geist der Geist Gottes und nicht eine (eigenständige) Person ist. Zwar wurde eine Offenbarung zur Natur Gottes erst 1843 gegeben (LuB 130:22,23), das heißt jedoch nicht, daß in den ersten 13 Jahren der einzig wahren Kirche etwas Falsches gelehrt werden durfte. Also bleibt die Folgerung, daß sich die Vorstellung über das Bild Gottes erst im Laufe der Jahre entwickelt hat, und zwar vom Monotheismus zum Polytheismus.


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