Lehre und Bündnisse – Vorlesungen über Glauben

(3. deutsche Auflage, 1903)

35
Dritte Vorlesung über Glauben.



Vorlesung 3.
Drei Bedingungen zum Glauben an Gott.

1.  In der zweiten Vorlesung wurde gezeigt, auf welche
Weise die Kenntnis von dem Dasein Gottes in die Welt kam,
und durch welche Mittel die ersten Gedanken den Menschen in
den Sinn gegeben wurden, daß ein solches Wesen wirklich sein
Dasein hat; und daß es in Folge dieser Kenntnis seines Da-
seins war, daß eine Grundlage für die Ausübung des Glau-
bens an ihn, als das einzige Wesen, in welchem der Glaube
an Leben und Seligkeit seinen Mittelpunkt haben kann, ge-
legt wurde; denn der Glaube könnte sich nicht an ein Wesen
richten, von dessen Dasein wir keine Idee hätten, weil der Be-
griff seines Daseins allererst zur Ausübung des Glaubens an
ihn notwendig ist. „Wie sollen sie aber anrufen, an den sie
nicht glauben? Wie sollen sie aber hören ohne Prediger?
(oder einen gesandt, sie zu unterrichten?) So, denn kommt
der Glaube durch das Hören des Wortes Gottes.“ Römer
10: 14. (Neue Uebersetzung.)
2.  Lasset uns hier bemerken, daß drei Dinge notwendig
sind, so daß vernünftige und verständige Wesen Glauben an
Gott, zur Erlangung des Lebens und der Seligkeit haben
können:
3.  Zuerst, der Begriff, daß er wirklich ein Dasein hat;
4.  Zweitens, eine richtige Anschauung seines Charakters,
seiner Vollkommenheiten und Eigenschaften;
5.  Drittens, eine thatsächliche Kenntnis, daß der Lebens-
lauf, welchen sie führen, seinem Willen gemäß ist. Denn ohne
die Bekanntschaft mit diesen drei wichtigen Thatsachen, muß
der Glaube eines jeden vernünftigen Wesens unvollkommen
und unfruchtbar sein; aber mit dieser Erkenntnis kann er voll-
kommen und fruchtbar werden, in Gerechtigkeit überhand neh-
men, zur Ehre und Herrlichkeit Gottes des Vaters und des
Herrn Jesu Christi.
36
Dritte Vorlesung über Glauben.
Ohne Offenbarung kann kein Mensch Gott kennen.

6.  Da wir vorher schon bekannt gemacht worden sind
mit der Art und Weise, wie der Begriff von seinem Dasein,
so wie auch die Thatsache jenes Daseins in die Welt kam, so
wollen wir fortfahren und seinen Charakter, seine Vollkom-
menheiten und Eigenschaften auseinandersetzen, so daß diese
Klasse nicht nur die gerechte Ursache sehen, welche sie für die
Ausübung ihres Glaubens an ihn, zur Erlangung des Le-
bens und der Seligkeit hat, sondern auch die Ursache, welche
die ganze Welt, so weit sich der Begriff von seinem Dasein
ausgedehnt, haben kann, um Glauben an ihn, den Vater aller
lebenden Wesen ausüben zu können.
7.  Gerade wie wir den Begriff von seinem Dasein zuerst
einer Offenbarung, welche Gott von sich selbst seinen Ge-
schöpfen gab, zu verdanken haben, so auf gleiche Weise ver-
danken wir den Offenbarungen, welche er uns gegeben hat,
eine richtige Erkenntnis seines Charakters, seiner Vollkommen-
heiten und Eigenschaften, weil ohne die Offenbarungen, die
er uns gegeben hat, kein Mensch durch Nachsuchen Gott aus-
finden könnte. Hiob 11: 7–9. „Sondern wie geschrieben
steht: Daß kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehöret hat
und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott bereitet
hat denen, die ihn lieben; uns aber hat es Gott geoffenbaret
durch seinen Geist. Denn der Geist erforschet alle Dinge auch
die Tiefen der Gottheit. Denn welcher Mensch weiß, was im
Menschen ist, ohne der Geist des Menschen, der in ihm ist?
Also auch weiß niemand, was in Gott ist, ohne der Geist
Gottes.“ 1. Corinth. 2: 9–11.
8.  Jetzt daß wir so viel gesagt haben, fahren wir fort
den Charakter, welchen die Offenbarungen von Gott geben zu
untersuchen.
9.  Moses gibt uns den folgenden Bericht in seinem zwei-
ten Buche 34: 6: „Und da der Herr vor seinem Angesicht über-
ging, rief er, ‚Herr, Herr Gott barmherzig, und gnädig, und
geduldig, und von großer Gnade und Treue‘.“ „Der Herr
schaffet Gerechtigkeit und Gericht Allen die Unrecht leiden. Er
hat seine Wege Moses wissen lassen, die Kinder Israels sein
Thun. Barmherzig und gnädig ist der Herr, geduldig und
37
Dritte Vorlesung über Glauben.
Charakter Gottes – Unveränderlichkeit, Wahrheit, Liebe.

von großer Güte.“ Psalm 103: 6–8. „Die Gnade aber des
Herrn währet von Ewigkeit zu Ewigkeit über die, so ihn fürch-
ten, und seine Gerechtigkeit auf Kindeskind, bei denen, die
seinen Bund halten und gedenken an seine Gebote, daß sie
darnach thun.“ Psalm 103: 17, 18. „Ehe denn die Berge
worden, und die Erde, und die Welt geschaffen worden, bist
du, Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit.“ Psalm 90: 2. „Und du
Herr hast von Anfang die Erde gegründet, und die Himmel
sind deiner Hände Werke; dieselben werden vergehen, du aber
wirst bleiben; sie werden alle veralten wie ein Kleid, und wie
ein Gewand wirst du sie wandeln, und sie werden sich ver-
wandeln; du aber bist derselbe und deine Jahre werden nicht
aufhören.“ Ebräer 1: 10–12. „Alle gute Gabe und alle voll-
kommene Gabe kommt von oben herab, von dem Vater des
Lichts, bei welchem ist keine Veränderung, noch Wechsel des
Lichts und der Finsternis.“ Jakobi 1: 17. „Denn ich bin der
Herr, der nicht lüget. Und es soll mit euch Kindern Jakobs
nicht gar aus sein.“ Maleachi 3: 6.
10.  „Denn Gott wandelt nicht in krummen Pfaden, auch
dreht er sich nicht zur Rechten noch zur Linken, noch verändert
er das, welches er gesprochen hat, darum sind seine Pfade ge-
rade und sein Lauf ist eine ewige Runde.“ Buch der Lehre
und Bündnisse, Abschnitt 3: 2. „Höret auf die Stimme des
Herrn eures Gottes, selbst Alpha und Omega, der Anfang und
das Ende, dessen Lauf eine ewige Runde ist, derselbe gestern
heute und in Ewigkeit.“ Buch der Lehre und Bündnisse, Ab-
schnitt 35: 1.
11.  „Gott ist nicht ein Mensch daß er lüge noch ein
Menschenkind, daß ihn etwas gereue.“ 4. Mos. 23: 19. „Wer
nicht lieb hat, der kennet Gott nicht, denn Gott ist die Liebe.“
1. Johannis 4: 8. „Petrus aber that seinen Mund auf, und
sprach: ‚Nun erfahre ich mit der Wahrheit, daß Gott die Per-
son nicht ansiehet, sondern in allerlei Volk wer ihn fürchtet
und recht thut, der ist ihm angenehm‘.“ Apostelgeschichte 10:
34, 35.
12.  Aus den vorhergehenden Zeugnissen lernen wir die
folgenden Dinge, in Bezug auf den Charakter Gottes:
38
Dritte Vorlesung über Glauben.
Barmherzigkeit, Gnade, Langmut und Güte.

13.  Zuerst, daß er Gott war, ehe denn die Welt erschaffen
wurde und derselbe Gott, welcher er war, nach ihrer Erschaf-
fung;
14.  Zweitens, daß er gnädig und barmherzig, geduldig
und voller Güte ist, und daß er so war von Ewigkeit her und
so sein wird in Ewigkeit;
15.  Drittens, daß er sich nicht verändert noch ist Ver-
änderlichkeit in ihm, daß er derselbe ist von Ewigkeit zu Ewig-
keit, derselbe gestern, heute und immerdar, und daß sein Lauf
eine ewige Runde, ohne Veränderung ist;
16.  Viertens, daß er ein Gott der Wahrheit ist und nicht
lügen kann;
17.  Fünftens, daß er die Person nicht ansieht, sondern in
allerlei Volk, wer ihn fürchtet und recht thut, der ist ihm an-
genehm;
18.  Sechstens, daß er die Liebe ist.
19.  Eine Bekanntschaft mit diesen Eigenschaften des
göttlichen Charakters ist unumgänglich notwendig, so daß der
Glaube irgend eines vernünftigen Wesens, in ihm, seinen
Mittelpunkt, zur Erlangung des Lebens und der Seligkeit,
haben kann; denn, wenn man ihn nicht zuerst als Gott, den
Schöpfer und Erhalter aller Dinge anerkennen würde, so
könnte man auch keinen Glauben zur Erlangung des Lebens
und der Seligkeit haben, aus Furcht, daß ein Wesen, größer
als er selbst, alle seine Pläne vereiteln könnte und er, wie die
Götter der Heiden nicht im Stande sein möchte, seine Ver-
sprechungen zu halten; doch da wir sehen, daß er Gott über
alles ist, von Ewigkeit zu Ewigkeit, der Schöpfer und Erhalter
aller Dinge, so kann keine solche Furcht in den Herzen jener
wohnen, die ihm Vertrauen schenken; daher kann in dieser Be-
ziehung ihr Glaube ohne Wanken sein.
20.  Aber zweitens; die Schwachheiten der menschlichen
Natur, und die Gebrechlichkeiten und Unvollkommenheiten der
Menschen sind so groß, daß, wäre Gott nicht gnädig und barm-
herzig, geduldig und voller Güte, und würden sie nicht glau-
ben, daß jene Vorzüglichkeiten in dem göttlichen Charakter ihr
Dasein hätten, so könnte der Glaube, welcher zur Seligkeit
39
Dritte Vorlesung über Glauben.
Ohne den Begriff dieser Vorzüglichkeiten ist Glaube unmöglich.

notwendig ist, auch nicht bestehen. Sonst würde Zweifel den
Platz des Glaubens einnehmen, und diejenigen, welche ihre
Schwachheit und Unterworfenheit zur Sünde kennen, würden
in beständigem Zweifel wegen ihrer Seligkeit sein, wäre es
nicht, daß sie den Begriff von dem göttlichen Charakter Gottes
haben, – daß er geduldig, langmütig und von vergebender
Gesinnung ist und Gottlosigkeit, Uebertretungen und Sünde
vergibt. Die Anerkennung dieser Thatsachen entfernt den
Zweifel und macht den Glauben sehr groß.
21.  Doch um Glauben an ihn haben zu können, ist es
gerade so notwendig, daß die Menschen den Begriff haben
sollten, daß er ein unveränderlicher Gott ist, als daß er gnädig
und barmherzig ist; denn ohne den Begriff von der Unveränder-
lichkeit im Charakter Gottes würde Zweifel den Raum des
Glaubens einnehmen. Doch mit dem Gedanken, daß er sich
nicht ändert, stützt sich der Glaube auf die Vorzüglichkeiten
seines Charakters mit unerschütterlichem Vertrauen darauf,
daß er derselbe gestern, heute und immerdar und sein Lauf
eine ewige Runde ist.
22.  Und wiederum ist die Idee, daß er ein Gott der
Wahrheit ist, und nicht lügen kann, gerade so notwendig für
die Ausübung des Glaubens an ihn, als der Begriff seiner
Unveränderlichkeit; denn ohne den Begriff, daß er ein Gott
der Wahrheit ist und nicht lügen kann, könnte das Vertrauen,
welches notwendiger Weise auf sein Wort gesetzt werden sollte,
um Glauben an ihn haben zu können, nicht vorhanden sein.
Doch mit dem Begriffe, daß er nicht ein Mensch ist, daß er
nicht lügen kann, haben die Herzen der Menschen Kraft, Glau-
ben an ihn haben zu können.
23.  Doch ist es auch notwendig, daß die Menschen einen
Begriff haben sollten, daß er die Person nicht ansieht, denn
mit der Auffassung aller anderen Vorzüglichkeiten seines Cha-
rakters, wäre diese Eigenschaft abwesend, so könnten die Men-
schen keinen Glauben an ihn haben; denn würde er Personen
ansehen, so könnten sie nicht sagen, was ihre Rechte wären,
noch wie weit sie berechtigt wären, Glauben an ihn zu haben,
oder ob sie überhaupt dazu berechtigt wären, und Alles würde
40
Dritte Vorlesung über Glauben.
Alle heiligen Schriften schreiben Gott denselben Charakter zu.

Verwirrung sein. Sobald aber als die Herzen der Menschen
mit dem Punkte bekannt gemacht werden, daß er die Person
nicht ansieht, so können sie sehen, daß sie Macht haben, durch
den Glauben, der Seligkeit, der größten Gabe des Himmels
entgegenzuschauen, weil Gott nicht parteiisch ist, und daß
alle Menschen in jeder Nation gleiche Vorrechte haben.
24.  Und zuletzt, aber nicht weniger wichtig zur Aus-
übung des Glaubens an Gott, ist der Gedanke, daß er die
Liebe ist; denn mit allen den anderen Vorzüglichkeiten seines
Charakters, so könnten doch die Menschen nicht einen so mäch-
tigen Einfluß über die Gemüter der Menschen haben, ohne
jene Eigenschaft der Liebe: doch wenn der Begriff dem Herzen
eingepflanzt, daß er die Liebe ist, wer kann nicht den gerechten
Grund sehen, den die Menschen aller Nationen, Geschlechter
und Zungen haben, um Glauben an Gott zur Erlangung des
ewigen Lebens auszuüben?
25.  Aus der obigen Beschreibung des Charakters Gottes,
welcher von ihm in den Offenbarungen an die Menschen ge-
geben wird, sehen wir eine feste Grundlage für die Ausübung
des Glaubens an ihn unter jedem Volke, Geschlechte und jeder
Nation, von Zeitalter zu Zeitalter und von Geschlecht zu Ge-
schlecht.
26.  Hier wollen wir erwähnen, daß das Vorhergehende
der Charakter Gottes ist, welcher den Heiligen der früheren
Tage durch seine Offenbarungen über ihn gegeben wurde, und
es ist auch derselbe Charakter, welcher den Heiligen der letzten
Tage durch seine Offenbarungen in Bezug auf ihn gegeben
worden ist; so daß die Heiligen der früheren Tage und jene
der letzteren Tage in dieser Beziehung beide gleich sind; die
Heiligen der letzten Tage haben gerade eine so gute Ursache,
Glauben an Gott zu haben, als die Heiligen der früheren
Tage, weil beiden dasselbe über seinen Charakter gegeben
worden ist.

______
41
Dritte Vorlesung über Glauben.
Fragen und Antworten.

Fragen und Antworten über die vorhergehenden Principien.

Was wurde in der zweiten Vorlesung gezeigt? Es wurde
gezeigt, wie die Kenntnis von dem Dasein Gottes in die Welt
kam. Vorlesung 3: 1.
Was ist die Wirkung des Begriffes seines Daseins, auf
die Menschen? Er legt die Grundlage für die Ausübung des
Glaubens an ihn. Vorlesung 3: 1.
Ist der Begriff seines Daseins zuerst notwendig um
Glauben an ihn haben zu können? Ja. Vorlesung 3: 1.
Wie wird es bewiesen? Aus dem 10ten Kapitel der Epistel
an die Römer im 14ten Vers. Vorlesung 3: 1.
Wie viele Dinge in Bezug auf Gott und unsere Stellung
ihm gegenüber sind für uns notwendig zu begreifen, daß wir
Glauben an ihn haben können zur Erlangung des Lebens und
der Seligkeit? Drei. Vorlesung 3: 2.
Welche sind es? Zuerst, daß Gott wirklich ein Dasein hat;
zweitens, richtige Begriffe von seinem Charakter, seinen Voll-
kommenheiten und Eigenschaften; und drittens, daß der Le-
benslauf, den wir befolgen wirklich nach seinem Wunsche und
Willen ist. Vorlesung 3: 3–5.
Würde der Begriff irgend eines oder zweier der oben er-
wähnten Dinge, eine Person in den Stand setzen, Glauben an
Gott zu haben? Nein, denn ohne den Begriff aller dieser
Dinge würde der Glaube unvollkommen und unfruchtbar sein.
Vorlesung 3: 5.
Würde der Begriff dieser drei Dinge eine sichere Grund-
lage für die Ausübung des Glaubens an Gott, zur Erlangung
des Lebens und der Seligkeit, legen? Ja; denn durch den Be-
griff dieser drei Dinge, kann der Glaube vollkommen und
fruchtbar und reich in Gerechtigkeit zum Preise und zur Ehre
Gottes werden. Vorlesung 3: 5.
Wie können wir mit den oben erwähnten Dingen in Be-
zug auf den Allmächtigen und uns selbst bekannt gemacht wer-
den? Durch Offenbarung. Vorlesung 3: 6.
Könnten diese Dinge durch andere Mittel, als Offenbarung
ausgefunden werden? Nein.
42
Dritte Vorlesung über Glauben.
Fragen und Antworten.

Wie beweist man das? Durch die Heilige Schrift. Hiob 11:
7–9. 1. Corinth. 2: 9–11. Vorlesung 3: 7.
Welche Dinge lernen wir aus den Offenbarungen Gottes
in Bezug auf seinen Charakter? Wir lernen die folgenden sechs
Dinge: Erstens, daß er Gott war, ehe denn die Welt erschaffen
wurde und derselbe Gott, welches er war, nach ihrer Erschaf-
fung; zweitens, daß er gnädig und barmherzig, geduldig und
voller Güte ist, und daß er war und ist von Ewigkeit zu Ewig-
keit, und wird so sein; drittens, daß er sich nicht verändert,
auch kein Schwanken mit ihm ist, und daß sein Lauf eine ewige
Runde ist; viertens, daß er ein Gott der Wahrheit ist und nicht
lügen kann; fünftens, daß er die Person nicht ansieht; und
sechstens, daß er die Liebe ist. Vorlesung 3: 12–18.
Wo finden wir die Offenbarungen, welche uns diesen Be-
griff von dem Charakter Gottes geben? In der Bibel und dem
Buch der Lehre und Bündnisse, und sie sind in der dritten Vor-
lesung angeführt. Vorlesung 3: 9–11.
Welche Wirkung würde es auf ein vernünftiges Wesen
haben, nicht einen Begriff zu haben, daß Gott der Schöpfer
und Erhalter aller Dinge ist? Es würde es verhindern, Glau-
ben an ihn zur Erlangung des Lebens und der Seligkeit zu
haben.
Warum würde es verhindert sein, Glauben an Gott auszu-
üben? Weil es wie die Heiden sein würde, ohne zu wissen, ob
es nicht vielleicht ein größeres und wichtigeres Wesen, als Gott,
geben möchte und ihn an der Erfüllung seiner Versprechungen
hindern könnte. Vorlesung 3: 19.
Verhindert dieser Begriff jenen Zweifel? Ja, denn Per-
sonen, welche diesen Begriff haben, sind dadurch im Stande,
Glauben ohne Zweifel haben zu können. Vorlesung 3: 19.
Ist es nicht auch notwendig, den Begriff zu haben, daß
Gott gnädig und barmherzig, langmütig und voller Güte ist?
Ja. Vorlesung 3: 20.
Warum ist es notwendig? Wegen der Schwachheit und den
Unvollkommenheiten der menschlichen Natur und der großen Ge-
brechlichkeiten des Menschen; denn so groß ist die Schwachheit
des Menschen und sind seine Gebrechlichkeiten, daß er immer-
43
Dritte Vorlesung über Glauben.
Fragen und Antworten.

während der Sünde unterworfen ist, und wenn Gott nicht
langmütig und voller Mitleid, gnädig und barmherzig und
eines vergebenden Sinnes wäre, so würde der Mensch von ihm
abgeschnitten sein, in Folge wessen er in beständigem Zweifel
sein würde und keinen Glauben ausüben könnte; denn wo
Zweifel herrscht, hat der Glaube keine Macht; doch wenn der
Mensch glaubt, daß Gott voller Mitleid und Vergebung, Lang-
mut und Geduld ist, so kann er Glauben an ihn ausüben und
alle Zweifel überwinden, daß er sehr stark werden kann. Vor-
lesung 3: 20.
Ist es nicht gerade so notwendig, daß der Mensch einen
Begriff haben sollte, daß Gott sich nicht verändert und kein
Schwanken bei ihm vorkommt, um im Stande zu sein, an ihn
Glauben zur Erlangung des Lebens und der Seligkeit zu
haben? Ja; weil ohne dasselbe er nicht wissen würde, wie bald
sich die Gnade Gottes in Grausamkeit, seine Langmut in Hef-
tigkeit, und seine Liebe in Haß umwandeln würde, in Folge
wessen der Mensch nicht im Stande sein würde, Glauben an
ihn zu haben. Wenn er jedoch den Begriff dessen Unveränder-
lichkeit hat, so kann der Mensch immerwährend Glauben an
ihn haben und überzeugt sein, daß was er gestern war, wird
er auch heute und immerdar sein. Vorlesung 3: 21.
Ist es nicht auch notwendig, für die Menschen einen Be-
griff zu haben, daß Gott ein Wesen der Wahrheit ist, ehe sie
vollkommenen Glauben an ihn haben können? Ja; denn wenn
die Menschen diesen Begriff nicht haben, so können sie kein
Vertrauen auf sein Wort haben, und wenn sie nicht im Stande
sind, Vertrauen auf sein Wort zu haben, so können Sie auch
keinen Glauben an ihn haben; doch in der Ueberzeugung, daß
er ein Gott der Wahrheit ist und daß sein Wort nicht fehlen
kann, kann ihr Glaube auf ihn sich verlassen, ohne Zweifel zu
haben. Vorlesung 3: 22.
Könnte der Mensch Glauben an Gott zur Erlangung des
ewigen Lebens haben, wenn er nicht glauben würde, daß Gott
die Person nicht ansieht? Nein; weil ohne diese Anschauung er
nicht gewiß wissen könnte, daß es sein Vorrecht wäre, solchen
44
Dritte Vorlesung über Glauben.
Fragen und Antworten.

Glauben zu haben, und in Folge jenes Zweifels sein Glaube
nicht groß genug sein könnte, ihn zu erlösen. Vorlesung 3: 23.
Wäre es möglich, für einen Menschen Glauben an Gott
haben zu können, um erlöst zu werden, wenn er nicht den Be-
griff hätte, daß Gott die Liebe ist? Nein; weil der Mensch Gott
nicht lieben könnte, wenn er nicht den Begriff hätte, daß Gott
die Liebe ist, und würde er Gott nicht lieben, so könnte er auch
keinen Glauben an ihn haben. Vorlesung 3: 24.
Was kann man erwarten, daß die Beschreibung, welche die
Heilige Schrift von dem Charakter Gottes gibt, thun würde?
Man kann erwarten, daß sie eine Grundlage für den Glauben
an ihn legen wird, so weit diese Kenntnis unter allen Völkern,
Zungen, Sprachen, Geschlechtern und Nationen sich ausdehnt
und das, von Zeitalter zu Zeitalter, von Generation zu Gene-
ration. Vorlesung 3: 25.
Ist der Charakter, welchen Gott von sich selbst gegeben hat,
stets derselbe? Ja, in allen seinen Offenbarungen, ob an die
Heiligen der früheren oder der letzten Tage, so daß sie alle be-
rechtigt sind, Glauben an ihn zu haben und durch die Aus-
übung ihres Glaubens, derselben Segnungen sich zu erfreuen,
erwarten können. Vorlesung 3: 26.













zurück
www.mormonentum.de