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genaues Vorbild, nach welchem alle seine Heiligen auferstehen
werden.
Zuerst erinnern wir uns, daß er Fleisch, Blut, Knochen hatte,
wie jeder andre Mensch, und auch ebenso dem Hunger, Durst,
Schmerz, der Müdigkeit, Krankheit und dem Tode ausgesetzt war,
wie jeder andre Mensch; nur mit dem Unterschiede, daß er mehr
ertragen konnte als irgendein andrer menschlicher Körper. Zwei-
tens, daß derselbe Leib am Kreuze hing, durch Nägel zerrissen, die
durch seine Hände und Füße hindurchgeschlagen waren, und daß
man mit einem Speer in seine Seite gestoßen hatte, woraus
Wasser und Blut floß. Drittens, daß derselbe Körper, der ganz
leblos war und sorgfältig wie jeder andre Leichnam herabgenom-
men wurde, ohne daß ein Knochen gebrochen war, und sorgfältig
in Leinen gehüllt und ihn ein Grab gelegt wurde, wo er bis zum
dritten Tage blieb; als sehr frühe die Frauen zum Grabe kamen
und auch seine Hühner, sahen sie die leinenen Tücher allein liegen,
und das Schweißtuch, das Jesu sorgfältig um das Haupt gebunden
war, beiseits eingewickelt, an einem besonderen Ort; doch der Leich-
nam, der da gelegen hatte, war verschwunden. Aus allen diesen
Umständen ersehen wir, daß dasselbe Fleisch und Bein, das in
das Grab gelegt wurde, sein Leben wirklich wieder erhielt, auf-
erstand und die Leinentücher, die nicht mehr nötig waren, beiseite
lagen. – Jesus Christus kam als Sieger hervor aus den Woh-
nungen der Toten und hatte denselben Leib, der von einem Weibe
geboren und von den Juden gekreuzigt worden war; doch kein
Blut floß in seinen Adern, denn Blut war das natürliche Leben,
welches dem Tode unterworfen worden war, und ein Mensch, der
wieder Fleisch und Blut bekommen hätte, würde sterblich und mit-
hin wieder dem Tod unterworfen sein, was aber mit unserm
Heiland nicht der Fall war; obgleich er Fleisch und Bein hatte
nach seiner Auferstehung, denn als er seinen Jüngern erschien
und sie sich fürchteten, weil sie ihn für einen Geist hielten, so
sagte er, um ihnen ihren Irrtum zu beweisen: „Fühlet mich an
und sehet! Denn ein Geist hat nicht Fleisch und Bein, wie ihr
sehet, das ich habe.“ Und als er etwas zu essen verlangte, so
gaben sie ihm ein Stück gebratenen Fisches und Honigseim, und
er aß es. Thomas wurde sogar nachher aufgefordert, seinen
Finger in die Nägelmale an seinen Händen und Füßen und seine
Hand in seine Seite zu legen, woraus offenbar hervorging, daß
er nicht nur denselben Leib besaß, sondern daß auch dieselben