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suchen um ihre Missetaten. Wer kann nun die Geschichte von der
Erfüllung dieser großen Ereignisse, die so genau von Jeremias,
Jesaia und Hesekiel angegeben sind, verfolgen, ohne von Erstaunen
und Bewunderung ergriffen zu werden über die wunderbare Gabe
der Prophezeiung,
durch welche die Menschen in jenen Tagen
die Geschichte der Zukunft lesen konnten, wie man die Geschichte
der Vergangenheit liest. In der Tat, der Geschichtsforscher des
neunzehnten Jahrhunderts, der die Geschichte der Babylonier,
Meder, Perser, Griechen, Römer, Ägypter und Juden in seinen
Händen hat, wird sich mit den unter jenen Völkern vorgefallenen
Ereignissen kaum vertrauter machen können, als die Propheten,
welche dieselben siebenzig Jahre vor ihrer Erfüllung kannten.
Die Juden wurden von Nebukadnezar unterworfen; ihre
Stadt Jerusalem mit ihrem Tempel durch Feuer zerstört; ihre
Fürsten, Adeligen und ihr Volk mit ihren ganzen Heiligtümern
nach Babylonien geführt. Alle Einzelheiten dieser Zerstörung und
Gefangenschaft und die Zeit ihrer Dauer, nämlich siebenzig Jahre,
wurden genau von Jeremias vorhergesagt. Nach Unterwerfung
der Juden ließ der König von Babylon sein Heer gegen Tyrus
marschieren, eine Handelsstadt, die an einem Seehafen lag, und
nicht nur von der See, sondern auch von einer starken Mauer
umgeben war. Ein so stark befestigter Ort erforderte die größte
Geschicklichkeit und Ausdauer Nebukadnezars und seines ganzen
Heeres, welches lange Zeit unaufhörliche Anstrengungen machte,
zuletzt jedoch Tyrus einnahm und die Bewohner in Gefangenschaft
brachte, siebenzig Jahre lang. Nach dieser Zeit kehrten sie zurück
und bauten ihre Stadt wieder auf; denn Jeremias hatte vorher
die Eroberungen von Tyrus, seine siebenzigjährige Knechtschaft ge-
weissaget, und ebenso, daß es nach jener Zeit wieder aufgebaut
werden würde. Nachdem nun Tyrus wieder aufgebaut war, so
blühte die Stadt eine Zeitlang, wurde aber später gänzlich ver-
wüstet. Überreste von ihren Trümmern werden noch heutigentages
auf dem Grunde des Meeres gefunden; aus der Stelle, wo die
Stadt stand, ist ein unfruchtbarer Felsen geworden, auf dem nur
einige arme Fischer wohnen. Diese ganze Zerstörung und sogar
ihr gegenwärtiges Aussehen einer wüsten und ewigen Einöde
wurde von den Propheten genau vorhergesagt.
Nachdem der König von Babylon Tyrus glücklich genommen
und manches Haupt kahl und mancher Rücken durch die Strapazen
der Belagerung gebeugt war, versprach ihm der Herr durch den