Orson Hyde – Ein Ruf aus der Wüste (1842)


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sein müssen. Sollten diese Zwölfe in irgend einem
Falle ihre Meinung nicht verläugnen können, so wird
die fragliche Sache dem Präsidenten dieses Rathes vor-
gelegt, der die Gabe der Prophezeihung besitzen muß.
Dieser nun stellt es dem Herrn im feierlichen Gebete
dar, und fleht ihn an um Erleuchtung und Belehrung.
Und das auf diese Art empfangene Wort des Herrn
macht allen Streitigkeiten ein Ende.
      Eine Person, welche von der Gemeinschaft unserer
Kirche ausgeschlossen worden ist, kann nicht eher mehr
in selbe zurückkehren, als bis sie öffentlich ihre Uebel-
thaten bekannt, um derowillen sie verbannt wurde. Dann
muß sie aber wieder getauft und konfirmirt werden, ehe
sie wieder als theilnehmendes Glied anerkannt werden
kann.

Neunter Artikel.
Behandlung der Kinder in Bezug auf die Kirche.

      Es ist eine unerläßliche Pflicht der Eltern, die ih-
nen die strengsten Bande der Natur und durch
das ausdrückliche Wort des Herrn auferlegt worden ist,
ihre Kinder in Tugend und Gerechtigkeit zu erziehen,
und ihren zarten Gemüthern die wahren Grundsätze der
Frömmigkeit und Religion einzuflößen. Alle Eltern
in unserer Kirche, welche diese Pflichten an ihren Kin-
dern vernachlässigen, sind als gesetzwidrige Glieder be-
trachtet und werden demgemäß ermahnt und behandelt.
      Alle Kinder, welche gehörig erzogen und unterrich-
tet worden sind, und so ihr achtes Jahr erreicht haben,
werden zu dieser Zeit betrachtet, daß sie zur Kenntniß
des Guten und Bösen gelangt sind, und daher fähig
sind, Glauben auszuüben, so wie auch Reue über ihre
Sünden. Deßhalb werden sie in diesem Alter getauft,
und als Glieder der Kirche konfirmirt; nicht eher.
      Alle jene Kinder, welche unter acht Jahren alt
sind, und dessen Eltern zu unserer Gemeinde gehören,
müssen zu unserer Kirche gebracht werden, wo ihnen die
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Aeltesten die Hände auflegen und sie segnen im Namen
des Herrn, und sie weihen dem Dienste des Allerhöch-
sten. (Aber kein Besprengen mit Wasser findet statt.)
      Da die Kreatur nur für jene wirklichen Uebertre-
tungen verantwortlich geachtet wird, die sie selbst began-
gen, und da Sünde nur da beigemessen wird, wo ein
Gesetz gegeben wurde – so hat ein kleines gedankenloses
Kind, das für kein Gesetz empfänglich ist, durch das
Verdienst des Todes unsers Erlösers vollen Anspruch
auf Unsterblichkeit, und auf ewiges Leben, (»denn für
solche, sagt Christus, ist das Himmelreich.) Und dieses
Recht kann nur durch die Uebertretung eines gekannten
Gesetzes verwirkt werden, wenn sie die Jahre der Ver-
nunft erreicht haben, und eine solche Uebertretung des
genannten Gesetzes macht Reue und Taufe nothwendig
zur Nachlassung der Sünden.

Zehnter Artikel.
Ueber die Offenbarungen und Befehle, welche Gott seiner Kirche
gab, seit sie organisirt wurde. (1830.)

      Die Ideen, daß der Herr in jetzigen Zeiten seinem
Volke eine Offenbarung oder Befehl gegeben hat, ist
von dem Glauben des größten Theils der religiösen Welt
so weit entfernt, als Loth von Sodoma an ihrem bösen
Tag war. Doch wir haben längst erfahren, daß die
Ungläubigkeit einer umnachteten Welt uns zu keinem
Führer dienen kann, und da wir mit ihr nicht die gleiche
Meinung haben, so werden wir von ihr als Betrüger,
Heuchler und Gotteslästerer betrachtet. Und unter die-
sen Vorurtheile hatten wir nicht nur allein die Falsch-
heit und den Mißbrauch ihrer Zungen; sondern auch
ihre Marterwerkzeuge und Grausamkeiten, ja selbst den
Tod zu erdulden. Das Blut unserer Martyrer dampft von
dem Opfer-Altare zum Himmel empor und verfechtet
dort vor dem Richterstuhl der Gnade mit so Mächtiger
Beredsamkeit unsere Sache, daß Jehova's Mitgefühl er-

      Hier sei auf den Fünften Artikel hingewiesen, wo noch von einer notwendigen Selbsterkenntnis der Sünden als Voraussetzung für die Taufe gesprochen wird.


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